Die Augenuntersuchung


Ein Überblick über die einzelnen Untersuchungsschritte.

Publiziert am 22. Januar 2022 von Dr. Sabine Sahr

Untersuchung Sehtest Spaltlampe

10 min Lesezeit

Jede Augenuntersuchung startet mit Funktionstests.

Sehtest

Mit der DROHREAKTION kann das Sehen der Augen einzeln überprüft werden. Nähert sich die Hand dem Auge, wird es geschlossen. Das andere Auge wird abgedeckt, damit nicht geschummelt werden kann.

Ein Hund sitzt auf dem Tisch und die Hand des Untersuchers wird vor das linke Auge geführt. Die andere Hand deckt dabei das rechte Auge ab.

Test der Drohreaktion beim Hund

Ein weiterer Test ist z.B. der WATTEBAUSCHTEST. Es wird überprüft, ob der Patient der fallenden Watte hinterherschaut. Dieser Test kann aber bei desinteressierten oder sehr aufgeregten Tieren unbrauchbar sein.

Ein Hund sitzt auf dem Untersuchungstisch, ein Auge wird abgedeckt mit der Hand des Untersuchers und ein Wattebausch wird vor dem anderen Auge fallen gelassen.

Wattebauschtest beim Hund

Weitere Sehtests, die beim Tier im Zweifel zum Einsatz kommen können, sind die Tischkantenprobe und der Hindernisparcour.

Pupillarreflex

Die Pupillenreaktion auf Licht gibt wichtige Hinweise auf mögliche Erkrankungen. Im Normalfall verengt sich sowohl die direkt beleuchtete Pupille (direkter Reflex) als auch die Pupille der anderen Seite (indirekter Reflex). Ein normaler Pupillarreflex beweist aber nicht, dass der Patient sieht!

Bei einer Katze wird in ein Auge geleuchtet und die Pupille verengt sich.

Pupillarreflex

Blendreflex (Dazzle)

Der Blendreflex überprüft die Reaktion auf helles Licht. Normal ist es, dass der Patient beide Augen geblendet zusammenkneift. Dieser Test gibt zusätzliche Informationen über die Funktionsfähigkeit der Strukturen von den Augen bis knapp unterhalb der Sehrinde des Gehirns. Ein Patient mit gutem Blendreflex muss nicht zwangsläufig sehen!

Bei einem Hund wird auf dem Untersuchungstisch mit heller Lichtquelle in die Augen geleuchtet und der Hund kneift beide Augen geblendet zusammen.

Blendreflex

An die Funktionstests schließt sich nun die ‘eigentliche’ Augenuntersuchung an.

Spaltlampenuntersuchung

Die Spaltlampe ermöglicht eine stark vergrößerte Ansicht der einzelnen Augenabschnitte- wie ein Mikroskop. Auch sehr kleine Veränderungen können so gut beurteilt und genau lokalisiert werden. Die Spaltlampe heißt so, weil sie durch ihr spaltförmiges Licht ein optisches „In-Scheiben-Schneiden“ des Auges ermöglicht. Dadurch können Veränderungen exakt zugeordnet werden (z.B. Trübung der Linse, der Vorderkammer oder der Hornhaut).

Fotografie einer Spaltlampe

Spaltlampe

Eine Katze wird auf einem Tisch mit der Spaltlampe untersucht.

Spaltlampenuntersuchung

Ein Grafik eines Auges stellt die Brechung des Spaltlichtes an den einzelnen Strukturen dar.

Optisches „In-Scheiben-Schneiden“ des Auges. Das spaltförmige Licht bricht sich zuerst an der Hornhaut (1.) dann an der vorderen (2.) und zuletzt an der hinteren Linsenkapsel (3.).

Ein Grafik eines Auges stellt Trübungen im Spaltlicht an den einzelnen Strukturen dar.

Je nachdem, wo im Spaltlicht die Trübung zu sehen ist, ist ihre Lokalisation im Auge und ihre Art bzw. ihre Ursache genau bestimmbar. 1. Trübung in der Hornhaut, 2. Pigment auf der vorderen Linsenkapsel, 3. Trübung innerhalb der Linse, 4. Blutung hinter der Linse.

Mit der Spaltlampe wird das Kammerwasser beurteilt. Das Kammerwasser ist normalerweise klar und nicht zu sehen im Spaltlicht. Bei Entzündungen des inneren Auges (Regenbogenhautentzündung) wird das Kammerwasser trüb und streut das Licht (ähnlich Sonnenstrahlen in der Luft). Es wird plötzlich sichtbar (Pfeile).

Untersuchung der Netzhaut

Die Netzhaut (Retina) wird mit der sogenannten Spiegelung (indirekte Ophthalmoskopie) untersucht. Dafür werden spezielle Linsen verwandt. Um die gesamte Netzhaut einsehen zu können, müssen die Pupillen mit Augentropfen weit gestellt werden.

Das Bild zeigt einen Hund auf dem Tisch, der von einem Untersucher mit einem Gerät names Kopfbandophthalmoskop auf Netzhauterkrankungen untersucht wird.

Untersuchung der Netzhaut mit Kopfbandophthalmoskop

Die Untersuchung der Netzhaut dient beispielsweise dazu Entzündungen, Degenerationen, Ablösungen oder auch Blutungen in diesem Bereich zu sehen. Sie ist aber natürlich auch Teil von Vorsorgeuntersuchungen.

Das Bild zeigt 3 Bilder von Netzhäuten, von denen eine blau, eine orange und eine gelblich ist.

Die Netzhaut des Hundes kann verschiedene Farben annehmen

Das Bild zeigt eine Netzhautfotografie mit Bezeichnung der einzelnen Anteile.

Aufbau der Retina des Hundes

Augeninnendruckmessung - Tonometrie

Die Tonometrie ist die Messung des inneren Augendrucks. Sie erfolgt mit speziellen Geräten sog. Tonometern und dient vor allem der Diagnose des Glaukoms (grüner Star) und ist ein wichtiger Teil der Augenuntersuchung. Ist der Druck zu hoch, hat Ihr Tier einen sog. Grünen Star (Glaukom). Ein zu niedriger Druck hingegen, tritt bei Entzündungen des inneren Auges auf (Uveitis).

Das Bild zeigt eine Katze, bei der der Augeninnendruck mit der Rückstoßtonometrie gemessen wird.

Messung mit dem TonoVet: Ein kleiner Stab schnellt auf die Hornhaut und misst so den Druck (Rückstoßtonometrie). Dies ist nicht schmerzhaft, sondern fühlt sich an wie ein kleines Haar.

Das Bild zeigt eine Katze, bei der der Augeninnendruck mit der Applanationstonometrie gemessen wird.

Messung mit dem TonoPen: Die Spitze des TonoPens berührt die Hornhaut und misst über deren Abflachung den Augeninnendruck (Applanationstonometrie). Ein Lokalanästhetikum wird vorab in das Auge getropft.

Überprüfung der Tränenproduktion mit dem Schirmer Tränentest (STT)

Die Tränenproduktion wird mit speziellen Papierstreifen überprüft (Schirmer Tränentest). So kann ein trockenes Auge erkannt werden. Die Teststreifen werden in das Unterlid eingehängt und nehmen die gebildete Tränenmenge (den sog. Reiztränenfluss) auf. Auf der Skala kann dann der erreichte Wert abgelesen werden.

Das Bild zeigt einen Papierstreifen mit einer Skala, den Schirmer Tränentest.

Schirmer Tränenteststreifen

Das Bild zeigt einen Hund mit einem Schirmer Tränentest-Streifen im Auge.

Hund Fee beim Schirmer Tränentest

Das Bild zeigt einen Hund mit einem Schirmer Tränentest-Streifen im Auge.

Der Schirmer Tränentest-Streifen färbt sich blau durch die Tränenflüssigkeit, das erleichtert das Ablesen der Sklala.

Fluoreszeintest

Die Augenoberfläche, also die Hornhaut und Bindehaut, kann mit einem Farbstoff dem sog. Fluoreszein beurteilt werden. Liegt ein Hornhaut- oder Bindehautdefekt vor, färbt dieser sich gelbgrün. Aber auch eine raue, unebene Hornhautoberfläche kann mithilfe von Fluoreszein erkannt werden. In diesem Fall haftet der Farbstoff diffus auf der (normalerweise glatten) Oberfläche.

Das Bild zeigt einen grün angefärbten Hornhautdefekt durch Fluoreszein.

Fluoreszein Teststreifen

Das Bild zeigt einen grün angefärbten Hornhautdefekt durch Fluoreszein.

Fluoreszeintest - Der Streifen gibt den Farbstoff Fluorszein auf die Augenoberfläche ab.

Das Bild zeigt einen grün angefärbten Hornhautdefekt durch Fluoreszein.

mit Fluoreszein angefärbter Hornhautdefekt

Untersuchung der Tränenwege

Häufig stellt sich die Frage, ob die tränenableitenden Wege unserer Patienten durchgängig sind oder ein Verschluss vorliegt. Das geht mithilfe des Farbstoffs Fluoreszein. Gibt man ihn in die Augen, fließt er über die Tränenpunkte in den Lidern über den Tränennasengang in die Nase ab und kann dann an den Nasenöffnungen gesehen werden (Jones Test 1).

Das Bild zeigt einen grün angefärbten Hornhautdefekt durch Fluoreszein.

Überprüfung der Tränenwege mit Fluoreszein: Bei Kater ‘Krebs’ kommt der Farbstoff an der Nasenöffnung an, die Tränenwege sind frei.

Häufig ist zusätzlich die Spülung der Tränenwege notwendig, um ihre Durchgängigkeit endgültig festzustellen. Hierfür werden, nach lokalen Betäubungstropfen, spezielle Sonden in die Tränenpunkte eingeführt und Flüssigkeit in die Tränenwege gegeben. Danach wird überprüft, ob Flüssigkeit aus den Nasenöffnungn austritt. Der Test wird in der Regel gut toleriert.

Das Bild zeigt 3 verschiedene Tränenwegssonden aus Metall.

Verschiedene Tränenwegssonden

Das Bild zeigt wie eine weiche Sonde in den oberen Tränenpunkt eines Hundes eingeführt wird.

Einführen einer Sonde in den oberen Tränenpunkt

Untersuchung der Nickhaut

Unsere Haustiere haben ein Augenlid mehr als wir, das dritte Augenlid oder Nickhaut. Dahinter verstecken sich häufig Fremdkörper, die bei der Untersuchung nicht übersehen werden dürfen. Nach Eingabe von lokal betäubenden Augentropfen wird die Nickhaut mit einer speziellen Pinzette (z.B. Gräfe-Pinzette) vorgezogen und kann genau untersucht werden.

Das Bild zeigt ein Foto einer Gräfe-Pinzette.

Gräfe-Pinzette

Das Bild zeigt, wie die Nickhaut eines Hundes vorgezogen wird und sich dahinter ein Fremdkörper befindet.

Ein Fremdkörper befindet sich hinter der vorgezogenen Nickhaut.

Augenultraschall

Ist der direkte Einblick in das innere Auge durch starke Trübungen nicht möglich, kommt der Augenultraschall zum Einsatz. Er wird beim grauen Star vor der Operation regelmäßig durchgeführt. Für den Ultraschall wird die Hornhaut mit Tropfen betäubt. Anschließend wird der Schallkopf mit einem Ultraschallgel auf die Augenoberfläche gebracht und die Untersuchung des inneren Auges ist möglich.

Das Bild zeigt einen ultrasonografischen Schnitt durch das Auge.

Bild eines Augenultraschalls

Gonioskopie

Die Gonioskopie ist die Kammerwinkeluntersuchung. Der Kammerwinkel ist der Abflussort für das ständig neu gebildete Kammerwasser und befindet sich zwischen Hornhaut und Iris. Es werden spezielle Linsen unter lokal betäubenden Augentropfen auf das Auge aufgebracht, die dann den Einblick in diesen Winkel erlauben. Die Untersuchung des Kammerwinkels spielt vor allem beim Glaukom (grüner Star) eine wesentliche Rolle. Missbildungen in diesem Bereich können (bei manchen Rassen besonders) zu einem hohen Augeninnendruck führen.

Das Bild zeigt die Schritte der Kammerwinkeluntersuchung. Zuerst wird ein Gel auf die Koeppe-Linse aufgetragen und dann die Linse auf das Auge gesetzt. Mit der Spaltlampe wird dann der Kammerwinkel untersucht.

Gonioskopie mit einer Koeppe-Linse

ERG- Elektroretinogramm

Das ERG (Elektroretinogramm) ist ein Funktionstest der Netzhaut. Dabei werden Lichtblitze ins Auge geleitet und Elektroden leiten die Antwort der Netzhaut auf den Lichtreiz ab. Die angezeigte Kurve lässt eine Aussage über die Funktionsfähigkeit der Retina zu. Das ERG kommt vor allem vor Operationen des grauen Stares zum Einsatz. Außerdem erlaubt es häufig die Unterscheidung zwischen okulärer und zentraler Blindheit, also ob die Blindheit durch einen Funktionsverlust der Netzhaut zustande kommt oder die Ursachen eher im Bereich der Sehnerven und des Gehirns zu suchen sind.

Das Bild zeigt einen Monitor mit einer normalen ERG-Kurve.

normale ERG-Kurve